Rezension: Kollegiale Beratung für Gesundheitsberufe

Fast alle, die eine Weiterbildung in der Pflege absolviert haben, kennen die Methode der Kollegialen Beratung und auch in der Ausbildung findet diese lösungsorientierte Problembearbeitung immer mehr Anwendung. Die systemische Beraterin und gelernte Gesundheits- und Krankenpflegerin Marion Roddewig hat nun ein Anleitungsprogramm veröffentlicht, das auf ihrer Promotion zum Thema Kollegiale Beratung in der Ausbildung von Pflegenden basiert.

Mit dem Anleitungsprogramm können Lehrende die Kollegiale Beratung in 11 Sitzungen vermitteln. Die Sitzungen haben verschiedene Schwerpunkte:

  1. Einführung in die Kollegiale Beratung
  2. Kooperation und Zusammenarbeit
  3. Vertrauen und Offenheit in der Beratungsgruppe
  4. Festigung des Vertrauens
  5. Grundlegende Beratungskompetenz
  6. Beratungsmethode: Brainstorming
  7. Methode: Rollenspiel
  8. Methode: Skulptur
  9. Methode: Rollenhut
  10. Methode: System-Struktur-Zeichnung
  11. Methode: Reflecting Team

Die Leitfäden und Arbeitsblätter gibt es auch als Download bei Mabuse.de.

Rezension: Das Anleitungsprogramm ist gut strukturiert und leicht verständlich geschrieben. Es ist vor allem für Lehrende, die ein Unterrichtskonzept zur Kollegialen Beratung suchen empfehlenswert. Ich hätte mir an einigen Stellen mehr theoretische Tiefe gewünscht. Meine ausführliche Besprechung finden Sie bei sociealnet.de.

Bewertung: 4 Sterne ****

Marion Roddewig (2929). Kollegiale Beratung für Gesundheitsberufe. Ein Anleitungsprogramm. Mabuse-Verlag. Frankfurt a. M.
ISBN: 9783863214029

Freiheitseinschränkungen und Zwangsmaßnahmen aus rechtlicher Sicht

CoverScherrZwangsmaßnahmen in der psychiatrischen Pflege kann man unter verschiedenen Gesichtspunkten betrachten. Man kann sie als ethisches Problem einer humanen Psychiatrie diskutieren, die wissenschaftliche Evidenz ihrer Anwendung klären oder aus juristischer Sicht darstellen, was in welcher Form erlaubt ist und was nicht. Letzteres macht Judith Scherr in ihrem Buch über den Umgang mit Zwangsmaßnahmen. Die Rechtsanwältin und Fachanwältin für Medizinrecht arbeitet in der Rechtsabteilung der Alexianer GmbH, einem der größten Träger für Krankenhäuser und soziale Einrichtungen in Deutschland. Als Dozentin am dortigen Institut für Fort- und Weiterbildung ist sie mit rechtlichen Fragen der Praxis vertraut.

Übersichtlicher Aufbau

In acht Kapitel beschreibt Judith Scherr die Rechtslage für Zwangsmaßnahmen in psychiatrischen Kliniken, Allgemeinkrankenhäusern und Pflegeeinrichtungen der Altenhilfe. Zunächst geht sie auf die allgemeinen straf- und zivilrechtlichen Grundlagen ein. Sie beschreibt die relevanten Artikel des Grundgesetzes, die Bedeutung der EU-Menschenrechtskonvention sowie der UN-Behindertenrechtskonvention. Die Grundlagen schließen mit einer Darstellung des Betreuungsrechts, dem Verfahren der Unterbringung und der Zwangsbehandlung im Rahmen einer Betreuung. In weiteren Kapiteln stellt sie die Besonderheiten von Zwangsmaßnahmen in somatischen Kliniken, Psychiatrien und Pflegeeinrichtungen nach SGB XI dar. Den Abschluss bildet ein Überblick zu Vorsorgeinstrumenten, wie Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht. Judith Scherr bearbeitet damit ein weites Feld. Lediglich die Besonderheiten bei Behinderten, Kindern und Jugendlichen sowie die rechtlichen Grundlagen für die Unterbringung von psychisch kranken Straftätern im Maßregelvollzug schließt sie von ihrer Darstellung aus.

Zwangsmaßnahmen in der Psychiatrie

Das umfangreichste Kapitel ihres Buches behandelt die zwangsweise Unterbringung und Behandlung in einer psychiatrischen Klinik. Judith Scherr beschreibt darin den rechtlichen Rahmen für die zivilrechtliche Unterbringung im Rahmen einer Betreuung (§ 1906 BGB) sowie der öffentlich-rechtlichen Unterbringung nach den jeweiligen Ländergesetzen, die meist als PsychKG bekannt sind. Um die Unterschiede der Landesgesetze deutlich zu machen, stellt sie immer wieder Formulierungen der verschiedenen PsychKG’s nebeneinander. Auch bei den freiheitsbeschränkenden Maßnahmen, wie Fixierung oder Ausgangsbeschränkung, weist sie auf Unterschiede der jeweiligen Landesgesetze hin.

Ein strukturierter, juristischer Überblick

In ihrem über 200 Seiten dicken Buch gibt Judith Scherr einen guten Überblick zu den relevanten rechtlichen Regelungen für Zwangsmaßnahmen. Naturgemäß fällt dieser meist eher überblicksartig aus. Die, aus psychiatrischer Sicht, wichtige Frage der Einwilligungsfähigkeit stellt sie auf einer knappen Seite dar. Sie konzentriert sich in der Aussage:

„Einwilligungsfähig ist, wer Art, Bedeutung und Tragweite, also die Risiken, der ärztlichen Maßnahme erfassen kann. Der Patient muss nach seiner geistigen und sittlichen Reife imstande sein, Wissen, Bedeutung und Tragweite des fraglichen Eingriffs zu erkennen und sachgerecht zu beurteilen“ (Scherr 2015, S. 18).

Trotz dieser oft juristisch komprimierten Sprache bietet das Buch einen verständlichen Überblick. Durch einige Fallbeispiele und Musterformulare wird die Anwendung der Inhalte anschaulich. Die Gegenüberstellung der jeweiligen Landesgesetze bietet einen interessanten Vergleich. Ein etwas ausführlicheres Stichwortverzeichnis und Querverweise im Text hätten dem Buch gut getan. Dafür erleichtert das detaillierte Inhaltsverzeichnis das Auffinden bestimmter Themen.

Fazit: Als erste Einführung in die komplexe Rechtslage ist das Buch für Mitarbeiter in psychiatrischen Einrichtungen zu empfehlen.

Judith Scherr: Umgang mit Zwangsmaßnahmen in Krankenhäusern, Psychiatrien und Pflegeeinrichtungen. Deutsche Krankenhaus Verlagsgesellschaft, Düsseldorf 2015, ISBN 978-3-945251-47-8, 213 Seiten, 39,90 Euro.