Was bringen Fortbildungen?

In einer groß angelegten Meta-Analyse aus dem Jahre 2003 versuchen Winfred u.a. die Frage zu klären, wie effektiv Fortbildungen in Organisationen sind. Die Autoren haben dabei die Forschungsergebnisse zur Effektivität von Fortbildungen aus 40 Jahren (!) gesammelt und analysiert. Mit dem Forschungsverfahren der Meta-Analyse wurden die Ergebnisse der unterschiedlichen Studien zusammengefasst, so dass eine Übersicht zum aktuellen Forschungsstand entstand.

In ihrer Untersuchung kamen die Autoren zu folgenden Ergebnissen:

  1. Fortbildungen sind (ziemlich) effektiv: Die Autoren unterschieden vier Kriterien, anhand derer Fortbildungen evaluiert werden. Meist wird die Reaktion der Teilnehmer unmittelbar nach dem Training erhoben (78 %). Dies ist die einfachste Form der Trainingsevaluation, allerdings auch die problematischste, da sie oft lediglich die Stimmung wiedergibt, wie Teilnehmer aus einer Fortbildung gehen. Die Stimmung ist aber nicht nur vom Inhalt der Fortbildung abhängig, sondern auch von den Methoden und der Art, wie der Trainer die Fortbildung geleitet hat. Andere Evaluationskriterien sind: mehr Wissen nach dem Training, das durch Tests überprüft werden kann; verändertes Arbeitsverhalten, überprüft beispielsweise durch Beobachtung bei der Arbeit oder der Nutzen für die Organisation, d.h. werden die Aufgaben effektiver gelöst, was dann z.B. zu mehr Produktivität führen kann. In der Meta-Analyse von Winfred u.a. ergaben sich für die alle Kriterien eine mittlere bis gute Effektivität (d = 0.60 bis 0.63), d.h. die Trainings sind schon recht effektiv.
  2. Auch Vorträge sind effektiv: An Vorträgen wird häufig kritisiert, dass kaum etwas hängen bleibt, wenn man jemandem nur erzählt. Das konnten die Autoren so nicht bestätigen. Im Gegenteil fanden sie auch für reine Vorträge eine relativ gute Effektivität.
  3. Methodenmix fördert die Effektivität: Am effektivsten sind offenbar Fortbildungen in denen theoretische Inhalte zusammen mit kommunikativen Verfahren verwendet werden. Es ist also durchaus sinnvoll in einer Fortbildung mit unterschiedlichen Methoden zu arbeiten. In der  Fortbildungsgestaltung werden heute daher meist kurze theoretische Vorträge mit Gruppenarbeiten und -diskussionen kombiniert.
  4. Eine kurze Bedarfsanalyse reicht: Ein interessantes Ergebnis der Untersuchung ist, dass komplexe und aufwändige Bedarfsanalysen vor einem Training offenbar nicht notwendigerweise zu besseren Trainingseffekten führen. Wenngleich eine Bedarfsanalyse durchaus sinnvoll ist. Bei einer Bedarfsanalyse in pflegerischen Fortbildungen kann man die Lernbedingungen einer Organisation ermittel (Welche Erfahrungen hat das Krankenhaus mit lernen? Wie wird lernen gefördert oder behindert?), die Kompetenzen und Lernerwartungen der Teilnehmer (Was wollen die Pflegenden lernen? Welche Kompetenzen zu dem Thema haben sie bereits?) und die Anforderungen durch die Aufgabe (Was muss man können, um jemanden zur Sturzprophylaxe zu beraten?).
  5. Umsetzung hängt von den Bedingungen ab: Die Umsetzung von Fortbildungsinhalten in die eigene Arbeit scheint auch von den Bedingungen der Organisation abhängig zu sein. Wenn die Teilnehmer in ihrer Arbeit auf günstige Umsetzungsbedingungen treffen, weil beispielsweise Vorgesetzte Veränderungen einfordern oder Kollegen neugierig darauf sind, dann gelingt der Transfer meist besser. Leider findet sich aber auch häufig die Situation, dass das Neue, das bei einer Fortbildung gelernt wurde, keinen wirklich interessiert oder es sogar abgelehnt wird.
  6. Kritische Aspekte: Die von Winfred u.a. durchgeführt Meta-Analyse hat leider auch ein paar Probleme. So wurden wichtige Faktoren, wie die Motivation der Teilnehmer, der zeilorientierten Auswahl der Fortbildung, der Person und Kompetenz des Trainers usw. nicht berücksichtigt und auch neuere Methoden, wie das internetbasierte Lernen, wurden nicht in die Analyse mit einbezogen.

Fraglich bleibt auch, ob die veröffentlichten Studien nicht ein zu positives Bild der Situation wiedergeben, weil Studien zu weniger effektive Fortbildungen erst gar nicht veröffentlicht werden.

Winfred, A., JR., Winston, B., JR., Edens, P. S., & Bell, S. T. (2003). Effectiveness of trainig in organizations: a meta-analysis of design and evaluation features. Journal of Applied Psychology, 88(2), 234–245.

Informationen zur Psychosen für Migranten

Wie das Deutsche Ärzteblatt berichtet hat das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf ein Informationsportal zum Thema Psychosen eingerichtet. Das Portal für Betroffene, Angehörige und Professionelle hat derzeit über 400 Seiten. Die  Website bietet verständliche Informationen über Psychosen und bipolare Störungen. Seit kurzem gibt es die Informationen auch in türkischer und russischer Sprache. Damit kann ein großer Teil der in Deutschland lebenden Migranten Informationen zu den Erkrankungen in ihrer Muttersprache lesen.

Die Homepage finden Sie unter www.psychose.de

Mein Vater wohnt im Altenheim

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Der Blog Medienlesen hat heute auf eine beeindruckende Dokumentation im Netz aufmerksam gemacht.  Unter dem Titel „Mein Vater wohnt im Altenheim“ findet der Leser einen sehr persönlichen Bericht über die Erfahrungen mit dem eigenen Vater im Altenheim.  Am 19. Januar 2009 wurde der unter Demenz leidende Vater ins Altenheim gebracht. Die täglichen Besuche im Heim werden akribisch und eindrücklich beschrieben. Die Mitarbeiter/innen im Heim machen einen freundlichen und engagierten Eindruck, doch offenbar weiß keiner so richtig Bescheid. Leider musste das Weblog am 12. Februar schließen, weil der Vater dem Leben entkam.

Weiterlesen unter „Mein Vater wohnt im Altenheim.“

Erwachsene Kinder suchtkranker Eltern und Erzieher (EKS)

Auf der diesjährigen Suchtfachtagung im Kloster Irsee präsentierte sich die Gemeinschaft „Erwachsene Kinder suchtkranker Eltern und Erzieher (EKS)“. Die Gruppen der EKS-Gemeinschaft sind für Männer und Frauen, die in eine Familie oder Umgebung hineingeboren wurden, in der Abhängigkeit herrschte oder die dort aufgewachsen sind. Dabei ist es unerheblich ob es sich um eine stofflichen oder nicht-stofflichen Abhängigkeit handelte.

Die EKS-Gemeinschaft geht zurück auf ein erstes Treffen von „Erwachsenen Kindern“ 1987 in Zürich. Im April 1992 entstand dann die erste offizielle EKS-Gruppe in Deutschland. Mittlerweile gibt es allein in Deutschland über 40 Gruppen.

Das Problem: meine Bedürfnisse Die Referenten erzählten sehr eindrücklich, wie Kinder suchtkranker Familien gelernt haben sich mehr um andere zu kümmern, als um sich selbst. Oft habe sie auch als Erwachsene Angst davor, verlassen zu werden. Kinder suchtkranker Familien mussten lernen ihre Gefühle und Bedürfnisse hinten an zu stellen. Zentrales Thema in suchtkranken Familien ist immer wieder die „SCHULD.“ Für Kinder suchtkranker Familien sind Schuldgefühle daher nicht ungewöhnlich. Diese Schuldgefühle hindern sie oft daran, sich um sich selbst zu sorgen.

Die Lösung: Sorge um sich selbst In den Gruppen lernen die erwachsenen Kinder suchtkranker Familien die Suchterkrankung zu verstehen und sich selbst wieder Wert zu schätzen. Zentrale Aspekte dabei sind dabei folgende Aussagen:

  • Wir haben die Erkrankung nicht verursacht.
  • Wir können die Erkrankung nicht kontrollieren.
  • Wir können die Erkrankung nicht heilen.

Erwachsene Kinder suchtkranker Familien können in der EKS-Gemeinschaft lernen Verantwortung für sich und ihr Leben zu übernehmen und nicht immer nur für Andere. In den Gruppen lernen die erwachsenen Kinder daher über sich zu sprechen und nicht mehr nur über das suchtkranke Familienmitglied, damit sollen neue Sichtweisen erschlossen werden, die eine Befreiung aus dem suchtkranken Familiensystem ermöglichen.

„Der beste Weg, einer suchtkranken Person zu helfen, besteht darin, dass wir uns um uns selbst kümmern.“

Die Pflege: „Wie geht es Ihnen?“ Pflegende, die mit suchtkranken Menschen zu tun haben, ist es wichtig, um die Auswirkungen dieser Erkrankung im Familiensystem zu wissen. Die Behandlung einer Suchterkrankung kann nicht nur isoliert am „Kranken“ ansetzen, vielmehr muss das System der Familie mit betrachtet werden. „Die Sucht ist kein individuelles Problem, wenn es auch oft so gesehen wird.“ (Loth et al., 2002:92). Pflegende sollten daher die Angehörigen von Suchtkranken auch direkt ansprechen und sie vor allem nicht nur über den Verlauf der Erkrankung befragen, sondern auch die Frage stellen: „Wie geht es Ihnen?“

Weitere Informationen:

http://www.eksev.org

Bildungswerk Irsee

Loth, C.; Rutten, R.; Huson-Anbeek, D.; Linde, L. (Hrsg.) (2002): Professionelle Suchtkrankenpflege. Bern, Verlag Hans Huber.