Der Deutsche Pflegerat fordert die Pflegekammer

Der Deutsche Pflegerat (DPR) als Dachverband der Pflegeorganisationen in Deutschland fordert in einer aktuellen Pressemitteilung eine Gesetzesinitiative der Bundesländer zur Schaffen einer Pflegekammer. Damit soll die Selbstverwaltung der Pflege erreicht werden.

Ziele einer Pflegekammer Die Pflegekammer soll eine sachgerechte, professionelle Pflege, die sich an aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen orientiert, für die Bürger sicherstellen. Sie soll aber auch bei gesundheitspolitischen Entscheidungsprozessen mitwirken und berufsrechtliche Grundlagen gestalten. Mit einer Pflegekammer wäre es damit erstmals möglich bundeseinheitliche Regelungen zur Fort- und Weiterbildung von Pflegenden zu entwickeln.

Die DKG regelt bisher Pflegeweiterbildungen Bisher orientieren sich die Weiterbildungen in der Pflege vor allem in Bayern an dem Empfehlungen und Richtlinien der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DBK). Die DKG ist jedoch ein Verband der Krankenhausträger, was immer wieder zu Schwierigkeiten bei der Weiterentwicklung von Weiterbildungsrichtlinien führt. So ist die Weiterbildungsempfehlung der DKG zur Leitung einer Station beispielsweise auf die Leitungstätigkeit in Krankenhäusern zugeschnitten. Die Leitungen von Wohnbereichen in Altenpflegeeinrichtungen haben jedoch wieder andere Richtlinien. Um eine Krankenhausstation leiten zu können braucht man eine Weiterbildung im Umfang von mindestens 720 Stunden, um eine Station im Altenheim leiten zu können reichen gerade mal 460 Stunden! Gerade im Bereich der Qualitätssicherung und Einheitlichkeit von Pflegeweiterbildungen könnte eine Pflegekammer einen großen Fortschritt für eine professionelle Pflege der Bürger bedeuten.

Das Igl-Gutachten bringt neue Aspekte Aufwind bekam der Deutsche Pflegerat durch ein Rechtsgutachten von Prof. Dr. Igl aus Kiel, das die bisherigen verfassungsrechtlichen Bedenken und Argumente der Landesregierungen zu einer Pflegekammer ausräumt. In seinem Gutachten stellt Prof. Igel beispielsweise fest:

  • eine Pflegekammer mit Pflichtmitgliedschaft ist für Pflegende ist rechtlich möglich
  • die Einrichtung von Vorrang- oder Vorbehaltsaufgaben für Pflegeberufe ist rechtlich zulässig

Der Deutsche Pflegerat (DPR) sieht sich als zukünftige Bundespflegekammer.

Das Igl-Gutachten kann über den Deutschen Pflegerat bezogen werden. Informationen zur Pflegekammer gibt es unter www.pflegekammer.de.

Kann man die Qualität einer Pflegeplanung messen?

Seit 1985 wird in der deutschen Krankenpflege über die Pflegeplanung diskutiert. Viele Pflegende sehen die Pflegeplanung als leider notwendiges Übel ihrer Arbeit, ohne wirklichen praktischen Nutzen. Gleichzeitig wird immer wieder auch die Qualität der aufgeschriebenen Planungen in Frage gestellt. Pflegende reagieren verunsichert. Wie sieht eine gute Pflegeplanung aus? Welche Qualitätsmaßstäben muss sie genügen? Wie muss sie formuliert sein?

Eine schweizer Forschergruppe um Maria Müller-Staub hat nun ein Instrument zur Messung der Qualität von dokumentierten Pflegediagnosen, -interventionen und -ergebnissen vorgestellt. Das „Quality of Nursing Diagnosis, Interventions und Outcomes (Q-DIO)“ orientiert sich an einem theoretischen Bezugsrahmen und basiert auf einer umfassenden Literaturrecherche der Autoren. Aus der gesichteten Literatur wurden 29 Kriterien entwickelt, die mit Hilfe einer 3- bis 5-Punkteskala beurteilt werden können.

Als theoretische Basis dienten die us-amerikanischen Veröffentlichungen zur Klassifikation von Pflegediagnosen (NANDA-I der North American Nursing Diagnosis Association), Pflegeinterventionen (Nursing Intervention Classification, NIC) und Pflegeergebnissen (Nursing Outcomes Classification, NOC). Außerdem wurde weitere Literatur zur Pflegeplanung nach möglichen Kriterien durchforstet. Die aus dieser theoretischen Arbeit entwickelten Qualitätskriterien wurden acht Pflegeexperten vorgelegt, die systematisch nach ihrer Meinung gefragt wurden.

Das Ergebnis dieser Arbeit ist ein Messinstrument, das sich in vier Dimensionen gliedert:

  1. Pflegediagnosen als Prozess (Verstehensprozess) In dieser Dimension soll der Prozess des Diagnostizierens in der Pflege als Verstehensprozess beurteilt werden. Anhand einer 3-stufigen Likert-Skala soll eingeschätzt werden inwiefern sich in der Pflegedokumentation Angaben „zum aktuellen Ereignis, das zum Spitalaufenthalt führte“ oder „zum Informationsstand der Patientin und deren Angehörigen“ notiert wurden.
  2. Pflegediagnosen als Produkt (Ergebnis) Im nächsten Schritt werden die Angaben zur NANDA-Pflegediagnose zum Beispiel auf Vollständigkeit und sinnvolle Zuordnung der einzelnen Inhalte mit einer 4-stufigen Likert-Skala beurteilt. Hier geht es also um das Ergebnis des Verstehensprozesses.
  3. Pflegeinterventionen Die Pflegeinterventionen werden danach beurteilt ob sie „konkret formuliert“ sind, „auf die Ätiologie wirken“ und auch durchgeführt werden. Auch hierzu wird eine 4-stufige Likert-Skala angeboten.
  4. Pflegesensible Patientenergebnisse Die vierte Dimension richtet ihr Augenmerk auf die Berücksichtigung aktueller Veränderungen in der Pflegeplanung und beurteilt inwiefern Ergebnisse detailliert überprüft und dokumentiert werden. Auch hier steht eine 4-stufige Likert-Skala zur Verfügung.

Interessant an der Arbeit ist, dass die Autoren davon ausgehen, dass es bei der Pflegediagnostik und -planung vor allem um einen Prozess des Verstehens der individuellen Pflegesituation eines Pflegenutzers geht. Genau dieser Prozess des Verstehens macht es nämlich unmöglich Pflegeplanung in einer kurzen Fortbildung zu lernen. Der Prozess einer pflegerischen Diagnostik erfordert regelmäßige Übung und Reflektionsmöglichkeiten. Dieser Umstand wurde bei der Einführung von Pflegeplanungen vielfach vernachlässigt. Vielfach wurde die Pflegeplanung als rein kognitiver Problemlöseprozess verstanden, dem ein streng kausales Denkmodell zugrunde liegt. Tatsächlich ist Pflege diagnostizieren und planen jedoch sowohl ein hermeneutischer Verstehensprozess als auch ein kognitiver Planungsprozess, der sich nur auf der Basis einer pflegerischen Beziehung entwickeln kann. Die Komplexität dieses Geschehens ist weder einfach zu vermitteln, noch ist dessen Qualität einfach zu beurteilen. Das Instrument Q-DIO bietet zumindest einen interessanten Ansatz für die Qualitätsbeurteilung.

Quelle: Müller Staub, M., Needham, I., Lunney, M., Odenbreit, M., Lavin, M. A., & van Achterberg, T. (2008). Qualität von Pflegediagnosen, -interventionen und -ergebnissen: Kriterien und Operationalisierung des Messinstruments Q-DIO. Pflege, 21 (5), 327–338.