Lieber keine Bezugspflege, als eine schlechte?

psychiatriepflegetage

Wie versprochen, hier ein kleiner Bericht von den Augsburger Psychiatriepflegetagen am 25. und 26. Juni 2009. Christoph Abderhalden berichtete in einem interessanten Beitrag über eine Studie zur Bezugspflege in der Psychiatrie. Ergebnis: Die Patientenzufriedenheit auf den untersuchten Stationen hängt mehr von den wahrgenommenen Kompetenzen der Bezugspflegeperson ab, als vom Bezugspflegesystem.

In der von Abderhalden vorgelegten Studie gaben 70 % bis 81 % der befragten psychiatrischen Patienten an, dass Ihnen während des Aufenthalts eine Bezugspflegeperson zugeordnet war. In der Studie gab es auch zwei Stationen, die nachweislich kein Bezugspflegesystem hatten. Dennoch gaben 33 % der auf diesen Stationen behandelten Patienten an, dass ihnen eine Bezugspflegeperson zugeordnet war. Hier wird deutlich, dass Bezugspflege offenbar mehr ist, als ein System.
In einer anschließenden Baumanalyse ergaben sich folgende interessante Befragungsergebnisse:
  1. Patienten mit Bezugspflege sind eindeutig zufriedener, als solche, die keine Bezugspflege erleben.
  2. Die Zufriedenheit der Patienten ist dann am höchsten, wenn die Bezugspflegeperson als Hilfe bei der individuellen Problemlösung wahrgenommen wird und Verständnis für die individuelle Situation des Patienten vermittelt.
  3. Die Zufriedenheit der Patienten mit Bezugspflege ist sogar geringer als die ohne Bezugspflege, wenn keine Hilfen zur Problemlösung und kein Verständnis wahrgenommen wird!
Für psychiatrische Patienten sind also die Kompetenzen, die sie bei ihren Pflegenden wahrnehmen entscheidend für ihre Zufriedenheit. Psychiatrisch Pflegende sollten daher offenbar mehr Energie in die Weiterentwicklung ihrer Kompetenzen zum individuellen Verstehen (Hermeneutik) und zu Hilfen bei der Problemlösung verwendent. Die Person ist in der Bezugspflege wichtiger, als ein ausgeklügeltes System, das sämtliche Hürden des Qualitätsmanagements souverän umschifft hat. Abderhalden formulierte das Ergebnis seiner Untersuchung salopp: „Lieber keine Bezugspflege, als eine schlechte!“

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